Zu gerne würde man pfingstliche Gedanken mit etwas Erfreulichem beginnen. Doch wie gelähmt blicken wir in diesen Tagen nach Manchester, Ägypten, Afghanistan und andere Krisenorte. Kinder werden auf heimtückische Weise ermordet. Christen, die mit einem Bus unterwegs zu einem Gottesdienst sind, von islamistischen Terroristen getötet. Bilder, die tief ins Herz dringen.
Auch wenn sich Gewalttäter auf Religion berufen – Hass, Gewalt, Terror, Krieg sind zutiefst gottlos, das genaue Gegenteil all dessen, was Religion und Glaube wollen. Und es verführt zu einem schnellen Reflex, der fordert, Religion müsse aus dem öffentlichen Raum verbannt werden. Religionsunterricht gehöre abgelöst durch einen Ethikunterricht. Kreuze und andere religiöse Symbole müssten aus öffentlichen Gebäuden verschwinden. Ja, nichts anderes wollen Terroristen erreichen: Angst schüren, Gräben vertiefen, Misstrauen säen, Menschen gegeneinander aufbringen.
Als „einen geradezu hirnrissigen Fehler“ bezeichnet es der bekannte Schweizer Schriftsteller Thomas Hürlimann, „wenn wir meinen, aus Rücksicht auf Nichtreligiöse oder andere Religionen unsere Geschichte wegschleifen zu müssen. Die verdrängten Zeichen werden durch andere ersetzt, und ich bezweifle, ob es bessere sind. Wenn die Kreuze sinken, werden wir ihnen früher oder später folgen.“ (Der Standard, 16.5.2017). Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel meinte dieser Tage, Religion gehöre in den öffentlichen Raum. Das ist ein pfingstliches Thema. Was wir brauchen, ist der Mut zum offenen Gespräch über unseren Glauben, zuerst in den Familien, unter Freundinnen und Freunden, in der Öffentlichkeit.
„Dialog trägt dazu bei, Brücken zwischen allen Menschen zu bauen, so dass jeder im anderen nicht einen Feind oder Konkurrenten sieht, sondern einen Bruder, den er annehmen und umarmen soll“, meint Papst Franziskus. Die Werte unseres Glaubens und des Geistes von Pfingsten müssen im öffentlichen Raum sichtbar werden: Religionsfreiheit, Freiheit des Gewissens, Würde des Menschen von Beginn des Lebens bis zu seinem natürlichen Tod, Nächstenliebe und Solidarität, Gleichberechtigung von Mann und Frau, und der große Wert des sozialen Friedens. Heute geht es darum, Religion und Glaube nicht zu verstecken, sondern sich klar zu ihnen zu bekennen, zum Beispiel mit dem Besuch des Sonntagsgottesdienstes. Gott ist es, der die Welt trägt und hält. Das kann verkürzten Antworten und populistischen Versprechungen entgegenwirken, die letztendlich unsere Gesellschaft und den Frieden auf der Welt zerstören.
Pfingsten will uns daran erinnern, dass wir uns mit dem Mut machenden Geist verbinden, der uns belebt, wie es in einem Pfingsthymnus aus dem 12. Jahrhundert höchst aktuell anklingt:
Komm herab, o Heil'ger Geist,
der die finstre Nacht zerreißt,
strahle Licht in diese Welt.
Komm, der alle Armen liebt,
komm, der gute Gaben gibt,
komm, der jedes Herz erhellt.
Was befleckt ist, wasche rein,
Dürrem gieße Leben ein,
heile du, wo Krankheit quält.
Wärme du, was kalt und hart,
löse, was in sich erstarrt,
lenke, was den Weg verfehlt.
Ich wünsche uns allen solchen pfingstlichen Geist, der uns mit Freude erfüllt und uns den Mut und die Gelassenheit schenkt, sich für eine Zukunft des Friedens und des guten Miteinanders einzusetzen.
Bischof Benno Elbs